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Bettelverbot ist nach Ansicht der SPÖ Verfassungswidrig!

Rede von Landtagsabgeordneten Christian Makor im Oberösterreichischen Landtag, Budgetlandtag 2011 (5./6. und 7. Dezember 2011)

Abg. Makor:

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen.

Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen im Rahmen der Debatte der örtlichen Sicherheit auf eine offene Baustelle oder in Wirklichkeit sogar auf eine offene Wunde in der jüngsten legistischen Vergangenheit unseres Landes hinzuweisen. Die Rede, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist von der von der ÖVP und FPÖ beschlossenen Novelle des Polizeistrafgesetzes betreffend das Bettelverbot. Ich darf Sie in diesem Zusammenhang darüber informieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass nunmehr vor einem Monat der Schriftsatz vom Verfassungsexperten Dr. Bruno Binder beim gemeinsam eingebrachten Schriftsatz von den Grünen und SPÖ beim Verfassungsgerichtshof hinterlegt wurde, um eine Überprüfung jener Gesetzesnovelle auf Gesetzes- und Verfassungsgemäßheit einzuleiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die drei zentralen Punkte, auf die wir bereits in der Debatte letztlich im März dieses Jahres hingewiesen haben und mehrfach hingewiesen haben. Es geht ja auch darum, dass früher oder später eine Antwort des Verfassungsgerichtshofs zu erwarten ist und es sollte niemand behaupten, er hätte nichts davon gewusst.

Die Kritikpunkte oder die wichtigsten drei Kritikpunkte noch einmal zusammengefasst: Erstens, die Regelungen zur Bettelei fallen schon kompetenzrechtlich nicht in die Kompetenz der örtlichen Sicherheitspolizei, sondern in die allgemeine Sicherheitspolizei und damit nicht in die Landeskompetenz, sondern in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

Zweitens, zahlreiche unbestimmte Gesetzesbegriffe in dieser Novelle des Polizeistrafgesetzes führen dazu, dass nicht absehbar ist, wann Bettelei strafbar ist und wann nicht. Etwa ob beim Bettler schon als aggressiv gilt, wenn er sich gegen eine ungerechtfertigte Beschimpfung zur Wehr setzt. Höchst unklar, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist zudem, wie der ebenfalls unter Strafe gestellte Versuch der Bettelei überhaupt zu beurteilen ist.

Drittens, die massiven Eingriffe in die persönlichen Freiheitsrechte bis hin zur Festnahme und Beschlagnahme stehen in einem groben Missverhältnis zur Tätigkeit der Bettelei selbst. Es ist zudem aus unserer Sicht absolut abzulehnen, dass derart schwerwiegende Kompetenzen an nicht polizeiliche Organe wie etwa städtische Ordnungsdienste oder private Ordnungsdienste übertragen werden.

Nicht nur Univ.-Prof. Dr. Bruno Binder, sondern auch der, ich glaube, allseits bekannte Verfassungsexperte, Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, aber auch der Strafrechtsexperte Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer haben sich über weite Teile unserer Kritik angeschlossen und ich darf nur ein paar ganz wenige Feststellungen aus den einschlägigen Gutachten Ihnen zur Kenntnis bringen, um Ihnen auch bewusst werden zu lassen, dass es sich hierbei nicht um eine Kleinigkeit handelt.
Univ.-Prof. Dr. Funk etwa, und ich fasse nur zusammen, spricht davon, dass diese Novelle den Artikeln 3, 10 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht, dem Artikel 6 des Staatsgrundgesetzes und dem Artikel 7 des Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes. Auch in der ausformulierten Variante horcht es sich für den oberösterreichischen Gesetzgeber nicht besonders vorteilhaft an, wenn etwa davon die Rede ist, dass die in dieser Novelle angewandten semantischen Doppelbotschaften eine schwere legislative Fehlleistung darstellen, mit der versucht wird, die inhaltliche Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Regelungen textlich zu verschleiern. Sie vermag jedoch den ihr zugedachten Zweck nicht zu erfüllen, weil eine verfassungskonforme Auslegung aus den dargestellten Überlegungen gar nicht möglich ist. Es ist davon die Rede, dass diese Novelle zur Willkür geradezu einlädt oder auch, dass die Kompetenz zur Festnahme durch Nichtsicherheitsorgane äußerst bedenklich ist. Das ist nicht irgendwer, der diese Feststellungen trifft, sondern das sind namhafte Expertinnen und Experten, vor allem die drei, die ich bereits genannt habe.

Es ist noch nicht zu spät, meine sehr geehrten Damen und Herren, die drohende Schmach einer Aufhebung eines Landesgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Weg zu gehen. Es bedürfte nur eines kleinen Signals aus der ÖVP-Seite und ich glaube sowohl die Grünen als auch wir wären bereit, nach der Aufhebung dieser Novelle, im Rahmen eines Runden Tisches darüber noch einmal zu reden, hier niet- und nagelfeste verfassungskonforme Regelungen dahingehend zusammenzubringen, die sich darauf beschränken, das sogenannte aggressive und vor allem organisierte Betteln zu verbieten, aber darüber hinausgehend keine Einschränkungen zulassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mühlen der Gerichte mahlen langsam. Sie haben vor einem Monat begonnen zu mahlen. Es wird wahrscheinlich noch geraume Zeit brauchen, bis eine definitive Stellungnahme des Verfassungsgerichtshofes vorhanden ist. Ich bitte trotzdem darum, dass vor allem die ÖVP, aber es ist auch die FPÖ aufgerufen, noch einmal in sich zu gehen und man sich gemeinsam darum bemüht, eine niet- und nagelfeste und vor allem verfassungskonforme Lösung zu finden. Danke. (Beifall)

Das gesamte kurzschriftliche Protokoll und die Beilagen sind im Internet abrufbar:
www.land-oberoesterreich.gv.at
> Politik > Landtag > Landtagsmaterialien > Kurzschriftliche Berichte des Oö. Landtags (Sitzungsprotokolle)

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